"Im sechsten"; sagte sie erfreut und lächelte leicht. Sie sah ihn an, er schien irgendwie etwas niedergeschlagen und traurig. "ich mag Regen..."; sagte sie leise. "Es ist, als ob er die Welt reinwäscht von allem".

"Auch im sechsten also..."
Es verhauchte nur leise, als ich es aussprach.
"Der Regen ist auch schön, aber er wäscht leider
nicht die Menschen rein von allem..."
Als ich in den Regen blickte, überkam mich ein Schauer.
Es war, als war etwas dabei zu sterben, doch ich wusste nicht was.
Würde er etwa schwach werden und sein Versprechen nicht halten?
Ich war nicht der gläubigste Mensch auf der Welt, aber ich hoffte,
dass es einen Gott gab, der dies nicht zulassen würde...

"Hm ja...", flüsterte sie und legte ihre Hand auf das Geländer. "Der Regen macht einen traurig", bemerkte sie leise und musterte den Jungen neben sich. "Du bist traurig..."; murmelte sie feststellend.

Ich blickte sie etwas überrascht an und senkte meinen Blick wieder.
"Zu offensichtlich, was?" Ein kurzes, unbeholfenes Lächeln zierte mein Gesicht,
verließ dieses aber auch genauso schnell wie es kam. Ich setzte meine Arme
verschränkt auf das Geländer und ließ meinen Blick wieder in der Ferne schweifen.
"Es ist als wäre der Regen eine Sammlung aller Tränen...", entgegnete ich dann
mit trauriger Stimme.

Kyria schüttelte den Kopf. "Nein, ich weiß nur wie es ist traurig zu sein"; flüsterte sie und trat neben ihn. Sie nickte. "Du solltest Poet werden..."; witzelte sie leise und sah ihn von der Seite an.

"Poet? Ich? Da wäre ich nicht so sicher."
Wieder ein leichtes Lächeln, aber auch dieses hielt nicht lang.
Meine Augen wurden glasig, aber ich hielt stand, sodass keine Tränen flossen.

"Hm...doch", sie sah ihn aufmunternd an und zog ihn dann einfach in ihre Arme.

Nun stand ich da und wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte.
Alles erschien so kompliziert und ich sah mich selbst nicht mehr.
Der Regen prasselte weiter nieder und der Wind wurde kühler.
Ich war nicht allein, aber irgendwie hatte ich dennoch das Gefühl,
dass ein Teil von mir gestorben war...

Sie hielt ihn weiter im Arm und streichelte leicht über seinen Rücken. "Hey..."; sagte sie leise und sah ihn an. "Willst du drüber reden?".

Eigentlich sprach ich kaum über meine Probleme, aber was sollte ich tun?
Mir blieb nichts Anderes über... "Mein Freund... ist schwer krank... Und zu
allem Überfluss hat er Schwierigkeiten zu lieben und neigt dazu, mit anderen
zu schlafen..." Ich löste mich von Kyria und lehnte mich gegen das Geländer.
"Er versprach mir, dass er es mit mir versuchen will und mit keinem Anderen
schlafen würde, aber irgendetwas sagt mir, dass er schwach wird..."
Es war ein seltsames Gefühl darüber zu reden. Vor allem muss sich das für sie
total verrückt anhören...

Kyria sah ihn mitfühlend an. "Das tut mir leid"; flüsterte sie und drückte leicht seine Hand. "So Krank, dass er sterben wird?"; fragte sie ihn leise. "Also früh sterben?". Weil wen ja, wusste sie vielleicht wieso er mit anderen schlief.

"Richtig... Die Ärzte sagen, er habe keine hohe Lebenserwartung...
Er selbst hat gigantische Angst und ich versuche für ihn stark zu sein,
aber ich schaffe es selbst nicht ganz... Zu wissen, dass ich nicht der einzige bleibe,
macht es so schwer neben ihm zu stehen... Ich liebe ihn über alles und habe mich damit
abgefunden, dass ich diese drei Worte nie hören werde, aber es ist alles so schwer..."
Tränen rollten leicht über mein Gesicht. Sich selbst mit der Realität auseinanderzusetzen
tat weh. Es schmerzte wie die Hölle...

Kyria wischte ihm sanft die Tränen weg. "Vielleicht will er es dir nicht sagen weil...weil er dir nicht noch mehr wehtun will"; flüsterte sie. Sie schluckte. "Wenn er stirbt und du weißt, dass er dich geliebt hat....dann tut es umso mehr weh...", flüsterte sie und sah ihn an. Es tat schrecklich weh..."Und er geht vielleicht mit den anderen ins Bett..., wenn ich wüsste das ich sterben würde, ich würde mich auch nicht binden".

Ich schwieg nur noch und drehte mich der Ferne entgegen.
Ich wusste, dass Kyria recht haben könnte, aber ich wollte nicht
daran denken. In Gedanken war ich bei ihm und hoffte, dass
er gerade an mich denken würde. Warum war es alles bloß so
kompliziert und schwierig? Würde ich das alles durchhalten?
Ohne ihn... Nein. Das wollte ich mir nicht vorstellen. Nicht jetzt.
Ich dachte nur, bitte denk auch an mich... Bitte...

Sie ließ ihre Hand auf seinem Rcken liegen und schwieg. Seine Geschichte erinnerte sie viel zu sehr an Adrian...auch wenn es völlig verschieden war.